Hausbesuche

 Ein Tag voll gepackt mit intensiven Eindrücken. Ich begleite Bischof Bowles bei seinen Hausbesuchen durch die Gemeinde. Er sagt, so bekomme ich einen guten Eindruck von der Gemeinde, gerade von denen, die am Sonntag nicht mehr zur Gemeinde kommen können. Wir besuchen mehrere Frauen und Männer zuhause, es waren etwa zwölf Besuche. William Bowles ist längst in Rente und arbeitet ehrenamtlich. 

Es sind einfache Häuser, die wir besuchen. Steinkopf ist keine Metropole. Meist öffnen uns Verwandte die Tür, bitten uns herein. Die meisten Besuchten liegen in ihrem Bett. Es ist heiß, kaum ein Luftzug geht durch die Räume. Der Gedanke, ob eine Klimaanlage nicht eine große Erleichterung wäre, drängt sich auf. Aber was weiß ich schon? Und was nutzt die Maschine, wenn der Strom weg ist? Im Gegensatz zu mir, sind die Menschen hier das Klima gewohnt. 



Wir werden überall herzlich empfangen. Trotz aller Schwäche liegt ein Glänzen in den Augen, wenn Bischof Bowles eintritt und beginnt zu fragen und zu erzählen. Man kennt sich gut und nimmt herzlich Anteil. "Gerrit, die een met die trompette?" fragen einige. Ich freue mich, dass ich erkannt werde, auch wenn ich zugeben muss, mich nicht an jeden und jede erinnern zu können. Wir erzählen, ich radebreche in Afrikaans und besser in Englisch. Manchmal bringe ich alle zum lachen, weil ich wohl das falsche Wort oder die falsche Aussprache wähle.... Aber es ist herzlich. Ich höre viele Familiengeschichten. Dramatische Geschehnisse, Unfälle, Gewalt. Der Tod ist viel Gegenwärtiger und es ist kein Tabu. Man spricht darüber, dass drei Geschwister schon früh gestorben sind, dass sie vorgegangen sind, dass man dem Hirten folgt, hier wie dort. Wir feiern gemeinsam Abendmal, immer mit Psalm 23. Ich bin sehr beeindruckt von den Lebensgeschichten und von der Zuversicht auf das Kommende. Es sich selbst zu sagen, ist das eine, es gelebt zu sehen, etwas weitaus eindrücklicheres.

Der letzte Besuch für heute ist der schwerste für mich. Wir besuchen Jodi, eine junge Frau. Ich kenne sie von unserem Besuch im Jahr 2020. Damals waren wir mit einer kleinen Gruppe aus unserem Posaunenchor hier in Steinkopf, quasi auf der Durchreise. Wir kamen aus Bloemfontein und Kimberley und wollten weiter nach Wuppertal. Auf der Strecke machten wir hier einen Stopp und hatten einen tollen Gemeindeabend mit gemeinsamer Musik und Tanzen in der Kirche. Bowles hatte seine Gemeinde gut motiviert und alle Gemeindegruppen boten etwas dar. Da lernten wir Jodi kennen, die eine Gruppe Jugendlicher mit einem Nama Stamp, einem traditionellen Tanz leitete. Voller Energie und Freude.


Irgendwann in den letzten zwei Jahren erfuhr sie, dass sie Krebs hat. Dass das Land zeitgleich mit Covid seinen Folgen zu kämpfen hat, hat ihre Behandlung nicht vereinfacht. Nach zwei Chemo Therapien sehe ich sie heute wieder. Geschwächt sieht sie aus, kann nicht gut ohne Hilfe stehen. Aber sie lächelt, als wir eintreten. Die Eltern erzählen vom Leiden, auch von Ausgrenzung, Bitterkeit aber immer wieder auch von Hoffnung. Jodi ist 25 Jahre. Am Sonntag fährt sie nach Kapstadt, um mit ihrer Strahlentherapie zu beginnen. Sie lächelt und sagt, dass wir uns wiedersehen. Hier oder dort.

Es ist heiß in Steinkopf, auch in den Häusern.

Wir schaffen es knapp, um uns um 16 Uhr mit den Bläsern zu treffen. Es gibt Trompetenspielerinnen, die jetzt seit ein paar Monaten spielen. Wir treffen uns in der Kirche und machen zusammen Musik. Wir spielen, was sie geübt haben, ich bringe ihnen ein paar neue Sachen bei. Es ist eine schöne Begegnung, leichter, fröhlicher, lebendiger. nach zwei Stunden entscheiden wir, dass es jetzt reicht.... Ein gutes Treffen, um die Balance zu halten.

Meine Nachbarin bringt mir abends Essen. Aunty Monica wird von allen Aunty Mon genannt. Das kann ich mir gut merken, denn es klingt wie Antimon (das ist das chemische Element mit der Ordnungszahl 51, ein Halbmetall).

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